Does Humour Belong to Music? (Frank Zappa). Humor und Musik
Heute wieder ein hartes Thema für den ernsthaften Musikologen: Humor und Musik. Musik, die einen zum Lachen bringt, komische Musik, die noch dazu interessant ist, gibt es das, darf es so etwas überhaupt geben?
Jeder von uns ist mit komischer Musik aufgewachsen, der Musik zu den klassischen amerikanischen Zeichentrickfilmen. Von Bugs Bunny über Mickey Mouse zu Donald und Duffy Duck, Tweety und Felix, die Musik war immer integraler Bestandteil dieser Filme.
Kaum jemand hat sie jedoch unabhängig von den animierten Figuren wahrgenommen. Dabei stellt sich jetzt heraus, daß Teile dieser Musik zeitgenössische Strömungen durchaus mitbeeinflußt und sogar vorweggenommen haben. Das Collagenhafte, der respektlose Umgang mit verschiedensten musikalischen Materialien, die Integration von Geräuschen, all das deutet bereits auf modernere Komponisten nicht erst der 80er. So überrascht es nicht, daß der New Yorker Avantgardeguru John Zorn die Musik zu Animationsfilmen als einen seiner bedeutendsten Einflüsse nennt.
Die beiden großen Figuren der Zeichentrickmusik sind Scott Bradley und Carl Stalling. Beide waren gleichzeitig Komponisten, Arrangeure und Dirigenten, und hatten in ihren Orchestern die besten Musiker zur Verfügung.
Bradley war bei MGM angestellt, und vertonte unter anderem Tom und Jerry, unvergessen bleibt er aber für seine Beiträge zu den Filmen des genialen Tex Avery. Bradley und Avery arbeiteten 15 Jahre zusammen, von 1942 bis 1957 als MGM sein Trickfilmstudio schloß. Droopy, Crazy Squirrel und Georges und Junior sind einige der Figuren, die beide zum Leben erweckten und zu den zeitlosen Highlights des Genres zählen.
Carl Stalling (1888-1974) arbeitete für Warner Bros., deren bekannteste Zeichentrickserie bezeichnenderweise Merry Melodies hieß, deren berühmteste Figur wiederum Roger Rabbit war. Stalling konnte wie Bradley auf den großen Fundus an Melodien zurückgreifen, die im Besitz ihrer jeweiligen Arbeitgeber waren.
Heute fällt es schwer, all den kurzen Zitaten zu folgen, die die Handlung begleiten und kommentieren, die assoziierten Texte wurden vom damaligen Publikum aber sofort verstanden. Mit Hilfe dieser 'geborgten' Musik, eigenen Kompositionen und unter Einbeziehung diverser unorthodoxer Instrumente und Geräuscherzeuger schrieb Stalling jene wahnwitzigen Arrangements, die äußerst sorgfältig ausgearbeitet waren, und seinen Musikern einiges an Virtuosität abverlangten. Die Musik wurde Stück für Stück direkt zur Filmprojektion aufgenommen, eine nachträgliche Synchronisation war damals nicht möglich. Daher mußte mit größter Präzision gearbeitet werden, und Stalling wußte wie jeder gute Komponist ganz genau, wie jeder Teil zu klingen hatte.
Zu etwa der gleichen Zeit arbeitete ein weiterer Klassiker der virtuosen komischen Musik: der große Spike Jones. Jones (1911-1965) begann als Perkussionist für diverse Radioshows, bevor er 1940 seine eigene Band gründete: Spike Jones and his City Slickers. Mit dieser Gruppe, die sehr schnell bekannt wurde, hatte er diverse Hits, die aber eher der 'normalen' Popmusik dieser Tage zuzurechnen sind. Interessanter sind seine verrückten aber ebenso ausgefeilten Arrangements, die seine erstklassigen Musiker fast in die Nähe der musique concrète brachten.
Jones hatte eine Zeitlang seine eigene Radiosendung, zu seinen Gästen gehörte alles was Rang und Namen im Showbusiness hatte, von Frank Sinatra zu Lassie, und 1946 bis 1953 tourte er mit seiner Musical Depreciation Tour durch die USA.
Alle diese Musiker haben sich nicht einfach mit Parodien abgegeben, sie haben eigenständige und neue Musikformen entwickelt, die nach wie vor frisch und überzeugend klingen.
Keine Angst davor, komische Aspekte in seine Musik einzubeziehen, hatte in Amerika vor allem Frank Zappa, eine seiner Platten (und Videos) hieß Does Humor Belong in Music? Die anarchischere Avantgardevariante liefert die Szene um Eugene Chadbourne (die kürzeste Verbindung von Improvisationsmusik, Country, Rock und gnadenloser Respektlosigkeit) mit Shockabilly und den Sun City Girls. Den typisch englischen Humor repräsentiert in seinen eher sarkastischen Texten vor allem Vivian Stancehall mit seine Bonzo Dog Doo Dah Band, während Spinal Tap einen der komischsten Filme aller Zeiten über das harte Leben einer Rockband und das Musikbusiness im allgemeinen gedreht haben.
Musikalisch interessante Vertreter dieses Genres sind in Deutschland eher schwer zu finden, hier herrscht mehr die banalere Form der Parodie (mit der gelegentlichen Ausnahme genialer Momente der Hazy Osterwald Show). In der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts gab es zahlreiche Interpreten, die in ihren Couplets kein Blatt vor den Mund nahmen, wie etwa Otto Reutter und Claire Waldoff, aber diese Tradition (wie auch die der Comedian Harmonists) gibt es heute fast nur noch als nostalgischen Abklatsch.
In andere Kategorien gehören dagegen Heinz Erhard, Karl Valentin, Kabarettisten wie Helmut Qualtinger, Wolfgang Neuß und Josef Hader, oder Fanny van Dannen.