SUNIL - Flexis, Singles, Klangpostkarten

Produkthymnen von Schuhen, Waschmitteln, Parteien, Lebensmitteln, Versicherungen und anderen Gegenständen des täglichen Gebrauchs

Mit Einführung der CD hat die Werbeindustrie die Schallplatte als beliebten Werbeträger für Produkte fallengelassen, ohne diese aber in gleichem Umfang zu ersetzen. Bereits in der Schellackzeit wurde Werbung auf Schallplaten gepreßt und an Kunden verteilt oder in Kinos als Vorspann gespielt.
Der richtige Boom setzte aber erst mit Einführung der Single ab Mitte der 50er Jahre ein. So gut wie jedes denkbare Produkt wurde besungen, gepriesen, instrumentiert oder auf skurrile Weise in kleine Hörspiele gebettet. Oder es wurde einfach nur ein Stück Musik produziert, mit mehr oder weniger bekannten Stars garniert und als Werbegeschenk beigelegt.

Werbeplatten (und Platten überhaupt) wurden nicht nur auf Vinyl gepreßt. Bereits seit den 30er Jahren experimentierte man mit Plastikfolien, und ab den 60ern war die Flexi ein beliebter Tonträger für schnelle und billige Produktionen. Oft fanden sie sich als Beilage eingeklebt in Zeitschriften, meist nur einseitig bespielt. Oft wurden sie auch wie "richtige" Platten behandelt, mit Cover und Label.

Manchmal konnte man auch eine Schallplatte finden, deren Rille nur in eine dünne auf Pappe angebrachte Plastikschicht gepreßt war. Diese konnte man dann z.B. aus dem Waschmittelkarton ausschneiden, wie bei Sunil. Oder ein Platte lag in den Brekkies, war an die Kaffeebohnenpackung geklebt, fand sich in einer Broschüre oder Zeitung, kam per Post, oder wurde einem vom Verkäufer nebenbei in die Hand gedrückt.

Eher fragile Dinge also, mit noch geringeren Überlebenschancen als Vinyl, und daher auch eher selten und nicht unendlich oft abspielbar, ein echtes Verschleißprodukt.

Meist ging es dabei weniger um Information, manchmal nicht einmal um Unterhaltung, sondern nur darum, daß es überhaupt eine Beigabe gab, die oft technisch von schauderhafter Qualität war. Dennoch spiegelt sich hier auf eigenartige Weise der Zeitgeist der 50er bis Anfang der 80er Jahre, und manche Titel oder Formen scheinen in unser kollektives Gedächtnis aufgenommen worden zu sein, erkennt man doch beim Hören in der Regel sofort, in welcher Zeit man sich befindet.
Heutzutage landen diese Platten meist auf dem Müll oder werden von Spezialisten gesammelt, heute kann man sie im Temporären Klangmuseum auch hören und sehen.

Playlist
Wacker Chemie - Sunil - Shell - BMW - Mercedes Benz - Hertie - Kaufhaus des Westens - Philips - Salamander - Mareno Schuhe - CDU - SPD - FDP - Calgonit - Dulgon - Dugena - Spri - Duscholux - Coca Cola - Pepsi Cola - Cafe Haag - Black & White - Berliner Kindl - Berliner Hotel - Schultheiß - Grüne Woche - Sozialwahlen ‘74 - UTA Airlines - Moliendo Cafe - Kim - Angelwoche - Bahlsen - Bild - Birkel - Gelsenkirchener Zoo - Bolle - Neckermann - Märklin - Möbel Hübner - L & M - Levis - BASF Styropor - Krauss Maffei - Kodak - Lego - Milupa - Esso - Gerling - Hasselblatt - Gervais - Wiener Wald - Peter Stuyvesant - Schöpflin-Hagen - Siebau - Garagentore - Savognin - Schneemaschinen - Café Hag und sehr viele andere mehr

Auch auf der Klangmuseums CD Temporary Soundmuseum presents ... finden sich zwei Werbebeispiele, ein Ausschnitt aus 'Gesünder, schlanker, schöner' von Braun und 'Organ Stop Pizza presents'